Der Haushalt 2016 ist noch nicht entscheidungsreif

Fraktion Freie Wähler fordert Nacharbeit durch die Verwaltung – Hohe Personalkosten machen Sorgen

Die Fraktion Freie Wähler im Gemeinderat macht in ihrer Stellungnahme zum Haushaltsentwurf der Verwaltung deutlich, dass eine Überarbeitung Voraussetzung für die weiteren Beratungen ist.

Der Vorsitzende der Fraktion, Dr. Otto Unger, hat dazu in der Sitzung des Gemeinderats am 12. Januar folgendes ausgeführt:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,

in der derzeitigen Finanzsituation der Kommunen ist eine Forderung nach kostenfreien Kindergärten ein schlechter Scherz.

Die derzeitigen finanziellen Belastungen der Umsetzungen des Masterplans ermöglicht keine Kostenfreiheit. So sieht es auch der Ministerpräsident unseres Landes.

Wir schlagen vor, die derzeitige soziale Staffelung unserer Gebührentabelle zu überprüfen und anzupassen, um die unteren Gruppen zu entlasten und evtl. eine Mehrbelastung der höheren Einkommen zu gestalten.

Denn eine Erhöhung der Kindergartengebühren ist nicht zu umgehen, da Nürtingen die Empfehlung der kommunalen Landesverbände und Kirchen, eine Selbstbeteiligung der Eltern von 20 % noch nicht erreicht hat. Derzeit beträgt der Zuschuss pro Einwohner für die Kinderbetreuung in Nürtingen 198,75 Euro. Auch steht vermutlich die Übernahme der Kosten für die Schülerbeförderung ins Haus, wie hoch der Anteil der Kommunen werden soll, ist noch nicht bekannt.

Keine Steuer- und Gebührenerhöhungen
Die Möglichkeit der Einnahmeverbesserung über Steuererhöhungen ist derzeit in Nürtingen nicht gegeben. Wir sind mit den Hebesätzen bei den Grundsteuern und der Gewerbesteuer mit jeweils 390 Punkten im Vergleich mit den Kommunen in der Region schon seit Jahren im Spitzenbereich und eine Anhebung der Hebesätze ist den Bürgern und der hiesigen Wirtschaft nicht zuzumuten.

Außerdem ist durch die Absenkung der Kreisumlage mit ca. 500 TEuro eine mögliche Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuern aufgefangen und ausgeglichen.

Organisation der Hochbauverwaltung überprüfen
Hochbau und GWN sind zusammenzuführen. So die IMAKA. Der Gemeinderat hat eine Entscheidung getroffen.

Nun sind wir der Auffassung, dass man den Eigenbetrieb der Gebäudewirtschaft Nürtingen von den Stadtwerken abkoppeln soll und diesen dem Dezernat III wieder zuordnet. Eine Alternative wäre die Gründung eine GmbH, deren wirtschaftliche Tätigkeiten sich außerhalb des Kernhaushaltes abspielen. Aber auch ohne eine GmbH wäre eine Kostentransparenz im städtischen Haushalt gegeben.

Inzwischen haben sich neue Erfordernisse für den sozialen Wohnungsbau aufgetan. Nicht nur die Flüchtlingsströme, sonder auch Bürger der Stadt benötigen dringend bezahlbaren Wohnraum. Gesprochen und geschrieben wird derzeit viel über diese Problematik.

Die Anschlussunterbringung wird das große Problem der Zukunft. Lösungshilfe könnte die zur Verfügungsstellung von leerstehendem Wohnraum durch die Eigentümer sein. Aber nicht zu überzogenen Mietpreisvorstellungen.

Wir könnten uns vorstellen, den Eigenbetrieb Stadtbau Nürtingen ebenso in eine GmbH zu überführen, die dann ihr Kerngeschäft in der Erstellung von Wohnungen im unteren Wohnsegment führt. Die derzeitige Satzung des Eigenbetriebs Stadtbau Nürtingen deckt die Interessen des Oberbürgermeisters  im Hinblick auf eine neue Baugesellschaft außerhalb des Haushaltes eigentlich  ab. Nur braucht es ein tragfähiges Konzept der Verwaltung

Durch die Einführung der Doppik wird die Finanzmittelbeschaffung den Projekten zugeordnet, auch die Beschaffungszinsen. Also nicht wie früher dem allgemeinen Haushalt zugeordnet.

Wir brauchen rasch preisgünstigen Wohnraum
Dass das dringend notwendige untere Wohnsegment, sprich sozialer Wohnungsbau, abgedeckt werden muss, sehen wir als Pflichtaufgabe der Kommunen mit Unterstützung von Land und Bund an. Waren es nicht gerade die Wohnungsbaugenossenschaften, welche nach den Kriegswirren und in Zeiten der Rückkehrer aus Osteuropa, die Antworten auf die sozialen Fragen hatten und mit Hilfe zur Selbsthilfe Wohnraum für abertausende Flüchtlinge erschaffen haben? Dieses Engagement gilt es wieder zu beleben.

Wir können die Ausbaustandards für sozialen Wohnbau reduzieren. Wie das gehen kann, hat Herr Klaußer von den Stadtwerken im Dezember vorgestellt. Energetisch halten wir uns jedoch an die Gesetze und Vorgaben! Was ist mit der Erwerb von Bestandsgebäuden? Wird dies verfolgt? Nicht jedes Wohngebäude muss barrierefrei sein! Das spart Geld.

Eine mögliche Umorganisation der Dezernate und Eigenbetriebe sollte vor der Erstellung und Abstimmung über eine neue Hauptsatzung überprüft und erarbeitet werden.

Erweiterung der Fußgängerzone
Auch erachten wir es für sehr wichtig, umgehend eine Diskussion und Entscheidung über eine mögliche Ausdehnung der Fußgängerzone zu führen. Die Verwaltung sollte im Vorfeld die rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Erweiterung der Fußgängerzone ergeben, überprüft und abgestimmt haben.

Wir sehen in der Erweiterung der Fußgängerzone eine dringend notwendige Beruhigung des Innenstadtverkehrs und damit eine allgemeine Aufwertung und Chance für die Innenstadt. Eine Zusammenarbeit mit möglichen privaten Initiativen zur Attraktivierung der Innenstadt ist eine notwendige Grundlage einer Bürgerbeteiligung.

Die Entscheidung sollte aber vor den endgültigen Baumaßnahmen der Innenstadtsanierung erfolgen, um notwendige verkehrsrechtliche Änderungen zu berücksichtigen und zu ermöglichen.

Allerdings sollte endlich eine Aussage über die Erstellung von öffentlichen, kostenpflichtigen Toiletten im Innenstadtbereich auf unseren letztjährigen Antrag erfolgen.

Klimaschutzmanager soll Drittmittel einwerben
Der Gemeinderat kann nicht mit knapper Mehrheit den Klimaschutzmanager (gegen die  Stimmen der Freien Wähler) einstellen und diesen dann nicht mit einem Budget ausstatten. Doch das nachträglich beantragte Budget kann so nicht bewilligt werden.

Energetische Sanierungen – größter Beitrag zur CO2-Reduzierung, werden bereits im GWN-Haushalt abgedeckt. Für Öffentlichkeitsarbeit und Kooperationen sollte ein Budget von ca. 15.000 Euro genügen. Sofern erforderlich, können weitere Mittel im laufenden Haushalt nachträglich beantragt werden.

Das Beispiel der Stadtwerke Reutlingen, welche zusammen mit der „Fair Energie“ einen Umweltpreis, dotiert mit EUR 10.000 ausloben, zeigt, dass mit deutlich weniger finanziellen Mitteln viel erreicht werden kann.

Ein Klimaschutzmanager kann auch Drittmittel einwerben.

Zweiter Bauabschnitt Großer Forst
Wir tragen umgehende Planungen für den 2. Bauabschnitt des Gewerbegebietes Großer Forst mit, um frühzeitig auf mögliche Anforderungen der Wirtschaft reagieren zu können.

Die Personalkosten sind seit 2009 um 33%  auf 30,5 Mio. € gestiegen. Eine schwer zu verändernde Größe, da wir eine leistungsstarke Verwaltung haben wollen.

Wir Freien haben vor zwei Jahren zwei Stellen im GVD-Bereich beantragt und genehmigt bekommen. Allerdings gibt es bis heute keine Streifentätigkeit an Samstagen und Sonntagen, bzw. in den Abendstunden. Dies ist der Sicherheit und Ordnung in der Stadt nicht zuträglich und sollte umgehend geändert werden.

Investitionsprogramm überprüfen
Das in der letzten Sitzung vorgelegte Investitionsprogramm für die Jahre 2015 bis 2019 erscheint noch nicht richtig unter den Dezernaten abgestimmt. Die Gesamtaufstellung erscheint erläuterungswürdig, da die farbigen Differenzierungen manchmal nicht ganz verständlich sind.

Im Bereich der Investitionen für Tiefbaumaßnahmen sind einige Positionen aufgeführt, die mit Sicherheit nicht zwingend in 2016 ausgeführt werden müssen. Auch im Bereich Erwerb beweglicher Vermögensgegenstände besteht nochmaliger Absprachebedarf und Überprüfung der Anmeldungen unter den Ämtern.

Der Oberbürgermeister erwähnte in seiner Rede, dass im Bereich von Schulen, Kindergärten, Sportanlagen ein Einsparungspotential vom ca. 100 TEuro vorhanden sei.

Dieses bitten wir in der Verwaltung abzuklären, und dem Gemeinderat eine überarbeitete Fassung des Haushalts-Entwurfs 2016 und der Finanzplanung vorzustellen.

Im Hochbau erachten wir es für notwendig, schon allein wegen der möglichen Zuschüsse, die an das Jahr 2016 gebunden sind, das Projekt Umbau Kindergarten Neckarhausen und den Neubau Kindertagesstätte Braike- Breiter  Weg, wie geplant nach Maßgabe des Masterplans im Jahr 2016 zu beginnen.

Allerdings erscheint uns der sinnvolle Umgang mit Steuergeldern bei der Maßnahme Schule Neckarhausen, wo durch die Nutzungsänderung Brandschutzmaßnahmen u.a. notwendig seien, die eine Investition von mind. 200.000 Euro erfordern, unbedingt zu beachten. Es ist dann nicht vertretbar, die umgebaute Schule 2018 einfach abzureißen, so wie geplant.

Auch sollten die Sanierungsmaßnahme am Kelterberg in Oberensingen erst nach der Einigung mit den Anwohnern, die u.a. einen einfacheren Ausbau der Straße ohne Gehwege, wie bisher,  fordern, begonnen werden.

Haushalt 2016 zurück an die Verwaltung
Auf Grund der vielen Unklarheiten und möglicher weiterer Einsparmaßnahmen  weisen wir den Haushaltsentwurf 2016 an die Verwaltung zurück,  um zur internen Abklärung möglicher weiterer haushaltsrelevanter Entscheidungen über Einsparungen beizutragen. Fremdfinanzierungen für notwendige Investitionen sind nicht zu umgehen und sinnvoll, aber nicht um Freiwilligenleistungen zu subventionieren.

Nürtingen braucht klare Entwicklungsziele
Für uns ist interessant, welche strategische Weiterentwicklung der Stadt Nürtingen geplant ist und welche Großprojekte in welchem Zeitplan anstehen und realisiert werden sollen.

 

Die Anträge der Fraktion Freie Wähler zum Haushalt 2016

 

Anträge zum Haushaltsentwurf 2016

Antrag 1 – Kindertagesstätte Breiter Weg

Wir beantragen die Planung und Bereitstellung von Mitteln für den Neubau der Kindertagesstätte Braike-Breiter Weg für das Jahr 2016 vorzusehen.

Begründung:
Die Zuschüsse für das Projekt sind in 2017 nicht mehr abrufbar.

Antrag 2 – Kindergartengebühren sozialer gestalten

Wir beantragen die Überarbeitung der Gebührentabelle für die
Kindergartengebühren.

Begründung:

Die soziale Staffelung muss verbessert werden. Wir wollen eine Entlastung für Familien aus den unteren    Einkommensbereichen und eine Mehrbelastung für Familien aus den höheren Einkommensbereichen.

Antrag 3 – Ochsenbrunnen

Wir beantragen, dem Ochsenbrunnen wieder das ursprüngliche
Erscheinungsbild zu geben.

Begründung:

Der für Nürtinger Verhältnisse sensationelle Ochsenbrunnen ist im Bestand wieder zu ertüchtigen und auf das ursprüngliche Erscheinungsbild zu bringen.

 Antrag 4 – Effizientere Ortschaftsverwaltungen

Wir beantragen eine Stärkung der Ortschaften, indem die Beantragung und Ausstellung von Reisepässen in den Ortschaftsverwaltungen ermöglicht wird.

Begründung:

Die technische Ausstattung ist in den Ortschaftsverwaltungen vorhanden. Dadurch kommt es zu einer Entlastung des Bürgeramtes, das durch den Zustrom von Flüchtlingen an seine Grenzen gestoßen ist. Und es wäre eine bürgerfreundliche, nahezu kostenneutrale Maßnahme.